KonsumIch konsumiere – also bin ich. 10.000 Dinge besitzt jeder Mensch durchschnittlich in Deutschland. Während wohl der Großteil der Menschen diese Zahl noch bei
weitem übertrifft, gibt es auch Menschen, deren Hab und Gut problemlos in einem Koffer zu verstauen ist. Welche Lebensweise die bessere ist,  legt jeder selbst fest. Doch verlassen wir die begrenzte Perspektive des eigenen Umfelds können wir schnell feststellen, dass wir nicht nur für uns entscheiden, sondern immer auch über die Lebensbedingungen anderer Menschen und Tiere weltweit. Ein einfacher Gedanke. Wenn ich Müll in den Fluss werfe, dann muss ich auch an den denken, der flussabwärts wohnt.

 

Wirtschaftswachstum und Effizienz

In einer Wirtschaft geht es vorrangig um Wachstum. Stimmt das Wachstum, ist dies in der Vorstellung vieler Experten mit Wohlstand gleichzusetzen. Der Gedanke der sozialen Marktwirtschaft, dass irgendwann jeder davon profitiert, wenn die Wirtschaft stetig wächst, konnte sich in der Praxis nicht bestätigen. Verlierer sind die Umwelt und die vom Konsum und der Arbeit gestressten Menschen in einem insgesamt maroden Finanzsystem.

Effizientes bzw. wirtschaftliches Handeln bedeutet im Konsens, dass der Nutzen größer ist als die Kosten, d.h. erwirtschafte ich mehr als ich ausgegeben habe, ist mein Vorgehen effizient. So weit so gut. Doch dieses Vorgehen funktioniert nur unter der Voraussetzung unbegrenzter Ressourcen. Das ist aber nicht gegeben. Und so verhalten sich viele Unternehmen absolut ineffizient, in dem Sie den Blick auf begrenzte Rohstoffen und Energien ausblenden. Sie machen einen Ausverkauf der eigenen Produktionsgrundlage auf Kosten der Menschen und Tiere, deren Lebensraum nach und nach zerstört wird.

Du entscheidest, indem und was und wie Du kaufst

Solange Unternehmen nicht mit einer geringeren Nachfrage konfrontiert sind, gibt es für diese auch keine Anreize, ihre Produktionsweise zu verändern. Ein Umdenken ist aber die notwendige Voraussetzung für die Entwicklung neuer Technologien und Produkte, die einen geringeren Ressourcenverbrauch möglich machen.

Selbst der größte Konzern ist abhängig von unserer Kaufentscheidung. Das musste Shell 1995 spüren, als ein Tank-Boykott das Unternehmen dazu brachte, die Pläne, eine ausrangierte Bohrinsel in der Nordsee zu versenken, wieder zu verwerfen.


Wo kann ich noch selber ansetzen? 

Konzepte wie der Ökologische Fußabdruck zeigen auf, welche Auswirkung unser Handeln auf unsere Umwelt hat und sorgen für ökologisches Bewusstsein. Wir verbrauchen circa. 125 Liter Wasser pro Kopf / Tag. Optimieren wir unseren Wasserbedarf ist das ein guter Ansatz.  Doch der größte Ressourceneinsatz passiert schon viel früher, nämlich in der Produktion. Insbesondere in der Landwirtschaft ist der tatsächliche Wasserverbrauch enorm, so wird zur Herstellung von einem Kilogramm Rindfleisch 14.500 Liter Wasser benötigt. Aber auch Kakaoerzeugnisse (Schokoriegel: 2000 Liter, 1 Kg Kakaobohnen 27.000 Liter) erzeugen ähnlich erschreckende Zahlen. Insgesamt wird mehr als 70 Prozent des Wassers weltweit für die Herstellung von Nahrungsmitteln verbraucht. Ein Handy kommt auf 1500 Liter virtuellen, d.h. produktionsbedingten Wasserverbrauch. Ein Neuwagen verbraucht 400.000 Liter in der Mache.

 

Dadurch stellt sich folgende Frage: Muss es immer mehr sein? Muss es immer neu sein?

 

Suffizienz

Anders als Effizienz betrachtet Suffizienz als Lebens- und Wirtschaftsweise die begrenzten Ressourcen und strebt ein Ende des übermäßigen Verbrauchs und Konsums von Rohstoffen und Gütern an. Es geht um das rechte Maß und eine kritische Betrachtung des stetig wachsenden Konsums im Hinblick auf die ökologischen Auswirkungen.

 

Wie kann ich mein Leben also suffizienter gestalten?
Viele Menschen befürchten ihr Leben von jetzt aus gleich radikal ändern zu müssen, um einen nennenswerten Beitrag zur Reduzierung ihres ökologischen Fußabdrucks und der Verbesserung globaler Lebensumstände leisten zu können. Eine Herkules-Aufgabe, die viele davon abhält, überhaupt damit anzufangen, bewusster und nachhaltiger zu leben.
Dabei ist dies nicht notwendig. Der Fleischesser muss nicht gleich zum Veganer, der Autofahrer nicht zum Fußgänger werden. Jeder hat die Möglichkeiten,  durch kleine Änderungen der Konsumentscheidung, ökologische Veränderungen anzustoßen. Du musst kein Aussteiger sein, schrittweises Umsteigen ist völlig ausreichend. Dann ist jede Veränderung nicht mehr schwierig, sondern allenfalls anfänglich ungewohnt.

Die Macht der Gewohnheit
Unser Maß im Leben wird vor allem durch Gewohnheiten gesteuert. Manchmal glauben wir, auf etwas nicht verzichten zu können, weil  wir es bisher nicht anders kennen. Das Wort Disziplin ist häufig sehr negativ behaftet aufgrund der prägenden Erfahrungen der Kindheit. Dabei bedeutet Disziplin erst einmal nur, das (Aus-)Maß selbst zu bestimmen. Disziplin sorgt also, anders als bisher vielleicht vermutet, für ein selbstbestimmteres Leben, eine Befreiung aus der Umklammerung fremder Einflüsse. Gerade die Unternehmen versuchen uns zu suggerieren was und wie viel wir brauchen. Unsere Konsumkultur läuft weitestgehend über Belohnungssysteme. Wir sollen uns für unsere Arbeit belohnen und fleißig konsumieren. Ein anderer Zweck von Konsum ist Identitätsstiftung, d.h wir definieren uns über das, was wir kaufen. Ob ein Auto oder ein Buch über Marx und Engels Dialektik, beides hilft mir, meine Person zu definieren, als Autoliebhaber oder Philosoph. Doch brauche ich das weiterhin?
Praktische Tipps für ein konsumbewussteres Leben:

1. Kaufe weniger und anders

Fakt:Von ca. 4 Milliarden Kg gekauften Lebensmitteln, landen ca. 1,3 Milliarden im Müll

– Mache Dir einen Wochenplan und kaufe dementsprechend ein. Schreibe Dir auf, was Du an welchen Tagen essen möchtest und besorge auch nur das, was Du dafür benötigst. Planloses Einkaufen auf die Schnelle oder angebotsorientierte Spontaneinkäufe orientieren sich meistens nicht an dem, was wir wirklich brauchen, sondern geschehen durch Kompensation. „Heute war ein anstrengender Tag, heute brauche ich Schokolade“ oder „Ich habe so einen Hunger, ich kaufe sicherheitshalber etwas mehr“ sind typische Situationen, in denen ich mich nicht für einen Einkauf entscheiden sollte. Sollte es doch mal wieder mehr geworden sein, als Du verwerten kannst, die Gemeinschaft foodsharing.de organisiert gemäß dem Motto „Restlos glücklich“ deutschlandweit die Vermittlung nicht-benötigter Lebensmittel.

 

Fakt: Die Herstellung einer Jeans verursacht einen Wasserverbrauch von 8000 Litern

– Schrank auf, einmal alles auf den Boden und schon hast Du eine Übersicht über das, was Du zum Anziehen hast. Sicherlich wirst Du überrascht sein, wie viel Auswahl sich noch in den Tiefebenen Deiner Schränke verbirgt. Nicht selten, wirst Du sogar Stücke finden, die noch mit Preisschild bestückt sind, das ist dann das eindeutigste Zeichen für „Genug“. Die Wirtschafts-Theorie vom abnehmenden Grenznutzen sagt Dir jetzt: „Es reichen auch 5 Röcke, Du brauchst keine 20. Die 15 zusätzlichen bringen Dir weder Nutzen noch mehr Zufriedenheit.“ Die Sachen, die Du wahrscheinlich nicht mehr anziehen wirst, sortiere gleich aus und mache sie für die Kleiderkammer fertig. Es gibt viele Menschen, die genau Deine Sachen gut gebrauchen können. Alternativ veranstalte doch einen Second-Hand-Party, auf der Du und Deine Bekannten, das tauscht, was ihr aussortieren wollt. Konsumverzicht darf auch Freude machen.

Fakt: Jedes fahrende Auto ist durchschnittlich mit 1,5 Personen besetzt

 

– Auch Bücher lassen sich in öffentlichen Bücherschränken weitergeben und Mitfahrzentralen ermöglichen Dir Mobilität und eine insgesamt größere Auslastung von PKWs.

Zeitgewinn durch Minimalismus
Weniger zu besitzen, bedeutet auch sich um weniger kümmern zu müssen. Stoppe mal die Zeit, die Du dafür brauchst, Deinen Tisch abzuwischen, wenn dieser voll mit „unentbehrlichen“ Sachen steht und wenn dieser leer ist. Reduktion schont Ressourcen, auch unsere eigenen.
Langfristig gesehen gewinnen wir wieder Zeit füreinander, weil wir nicht mehr in dem Maße für die Geldanschaffung sorgen müssen, wie zuvor. Viele Menschen konnten durch eine bewusste Änderung ihres Konsumverhaltens ihre Arbeitszeit reduzieren und dadurch mehr Zeit für sich und mit ihren Familien verbringen. Zeit gewinnen wir auch dadurch, dass wir uns dann auch den im Vorfeld des Konsums statt findenen Entscheidungsprozess (Preisvergleich, Testberichte lesen etc.) sparen können.


2. Kaufe gebraucht:

Fakt: Auf Deutschlands Dachböden schlummern Gegenstände im Gesamtwert von 20 Milliarden Euro

Reparieren und Auftragen ist in der letzten Zeit schon zu einer Art idealistisch nostalgischer Ausnahmeerscheinung geworden. Wenn der Preis für die Neuware erschwinglich und nicht bedeutend größer ist, kann ich doch auch gleich etwas Neues kaufen? Das ist argumentativ verständlich, wenn ich nur den Preis in meiner Betrachtung miteinbeziehe. Wir wissen häufig nur noch was etwas kostet, aber nicht den Wert dahinter. Wie und unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt werden braucht mich ja nicht zu kümmern, solange meine Kreditkarte mir nicht ihren Dienst verwehrt.
In so genannten Repair Cafés können Interessierte ihre fehlerhaften Gerätschaften unter fachkundiger Anleitung und mit professionellem Werkzeug reparieren und wieder für „Do it myself“-Erlebnisse sorgen.

 

Auch Kleidungsstücke lassen sich wunderbar gebraucht weiter verwenden. Sei es für die Babyerstausstattung oder die anstehende Hochzeitsfeier, es gibt Second-Läden für alle Ansprüche und Geschmäcker.

3. Kaufe gar nicht:
Erkundige Dich nach Menschen, die zu einem Dienstleistungstausch bereit sind. Jeder kann etwas ganz besonders gut und das, was mit Liebe und Begeisterung gemacht wird, ist auch wertvoll und hilfreich für andere. Tausche Deine Fähigkeiten gegen die der anderen. Ohne das nur ein einziger Cent über den Tisch geht. Die einzige Währung ist Zeit.

 

Das Portal tauschbörsearbeit.de bringt tauschwillige Menschen zusammen.
Oder willst Du eine neue Sprache lernen? Suche Dir einen Tandempartner, dem auch Du weiterhelfen kannst, seine Sprachkenntnisse zu erweitern.
http://www.erstenachhilfe.de/tandempartner

 

Höre Dich auch mal im erweiterten Bekanntenkreis herum, wer Interesse hat, statt Geld einfach nur mal Zeit zu tauschen. Wahrscheinlich wird es gar nicht schwer sein, einen neuen Haarschnitt gegen ein paar geputzte Fenster oder eine Stunde Gitarrenunterricht einzutauschen. Mir hilft dabei immer der Leitsatz: „Ein Nein habe ich schon, ein Ja kann ich noch bekommen.“

 

Ein sehr inspirierender Bericht für ein Leben ganz ohne Geld ist in dem (kostenlosen) Ebook von Raphael Fellmer zu finden, das hier erhältlich ist.

 

Fazit
Haben oder Sein? Diese prominente Frage lohnt sich aktueller denn je, genauer zu betrachten. Mehr Wohlstand hat die Menschen insgesamt nicht glücklicher gemacht und darüber hinaus die Natur schrittweise zerstört. Welchen Beitrag kannst Du dafür aktiv leisten, dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Laut einer Spiegel-Umfrage sind 82% der Deutschen bereit, zuliebe der Umwelt auf Konsum zu verzichten. Warum passiert dann trotzdem relativ wenig? Weil wohl kaum einer Freude daran hat, nach festen Vorgaben zu handeln. Der beispielsweise 2013 diskutierte generelle fleischfreie Tag („Veggie Day“) fand keinen nennenswerten Zuspruch und landete in der politischen Versenkung. Suche Dir selber einen Bereich, in dem Du relativ schmerzfrei Veränderung zulassen kannst. Wenn Du Dein Auto über alles liebst, dann belasse es auch erst mal dabei. Finde stattdessen etwas anderes, nur tue etwas Praktisches. Es gab schon Leute, die wollten entrümpeln und haben sich als erstes vier Bücher zulegt, um zu lernen, wie das geht.

Herzlicher Gruß!
Michael