fluchtFällt es Dir teilweise schwer Entscheidungen zu treffen? Und wie triffst Du überhaupt Entscheidungen?

Wägst Du Vor- und Nachteile ab? Fragst Du einen guten Freund oder die beste Freundin um Rat? Stellst Du Vergleiche an mit ähnlichen Situationen in Deinem Leben?
Schläfst Du eine Nacht drüber?

Häufig gibt es die Überzeugung, dass eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung einen bestimmten unwiderruflichen Weg nach sich zieht. Dazu kommt noch das Nachtrauern verpasster Chancen, ein Hadern mit Vergangenem. Der Ärger über falsch getroffene Entscheidungen und dadurch scheinbar verbaute Wege und Möglichkeiten. Nicht immer ist der einfachste Weg der Beste, sondern der, den Seele und Herz gewählt haben. Der Wille der Seele ist dadurch gekennzeichnet, dass diese Erfahrungen machen möchte, die dem persönlichen Wachstum dienen. Diese Erfahrungen sind nicht klassischer Weise schön, sondern durchaus herausfordernd. Das Ziel von Persönlichkeitsentwicklungsmethoden wie NLP (Neurolinguistisches Programmieren) und energetisch spiritueller Arbeit wie Reiki ist nicht das Vermeiden unangenehmer Erfahrungen, sondern ein konstruktiver Umgang mit den Herausforderungen des Lebens.

Probiere doch mal folgende Sichtweise aus. Bei allen Entscheidungen, die Du gerne treffen möchtest oder vor deren Wahl Du gestellt wirst, vergewissere Dich: Alles im Leben ermöglicht und verhindert etwas. Egal wie Du dich auch entscheidest, Du öffnest Dir dadurch Türen und verschließt andere.

In der westlichen Welt sind wir die so genannte dualistische Sichtweise gewohnt. Es gibt gut oder schlecht, richtig oder falsch, hell oder dunkel, allgemein das Eine oder das Andere. Die fernöstliche Betrachtungsweise geht dagegen von der Dialektik aus, das Prinzip von Yin und Yang. Diese Anschauung betrachtet Polaritäten wie gut oder schlecht nicht getrennt voneinander. Beide existieren zusammen, in jeder Sache und in jedem Menschen.

Ein alter Mann lebte in einem Dorf, sehr arm, aber selbst Könige waren neidisch auf ihn, denn
er besaß ein wunderschönes weißes Pferd… Könige boten phantastische Summen für das
Pferd, aber der Mann sagte dann: „Dieses Pferd ist für mich kein Pferd, sondern wie ein
Mensch. Und wie könnte man einen Menschen, einen Freund verkaufen?“ Der Mann war
arm, aber sein Pferd verkaufte er nie.

Eines Morgens fand er sein Pferd nicht im Stall. Das ganze Dorf versammelte sich und die
Leute sagten: „Du dummer alter Mann! Wir haben immer gewusst, dass das Pferd eines Tages
gestohlen würde. Es wäre besser gewesen, es zu verkaufen. Welch ein Unglück!“

Der alte Mann sagte: „Geht nicht so weit, das zu sagen. Sagt einfach: das Pferd ist nicht im
Stall. Soviel ist Tatsache; alles andere ist Urteil. Ob es ein Unglück ist oder ein Segen, weiß
ich nicht, weil dies ja nur ein Bruchstück ist. Wer weiß, was darauf folgen wird?“

Die Leute lachten den Alten aus. Sie hatten schon immer gewusst, dass er ein bisschen ver-
rückt war. Aber nach fünfzehn Tagen kehrte eines Abends das Pferd plötzlich wieder zurück.
Es war nicht gestohlen worden, sondern in die Wildnis ausgebrochen. Und nicht nur das, es
brachte auch noch ein Dutzend wilder Pferde mit.

Wieder versammelten sich die Leute und sie sagten: „Alter Mann, Du hattest Recht. Es war
kein Unglück, es hat sich tatsächlich als ein Segen erwiesen.“

Der Alte entgegnete: „Wieder geht Ihr zu weit. Sagt einfach: das Pferd ist zurück… wer weiß,
ob das ein Segen ist oder nicht? Es ist nur ein Bruchstück. Ihr lest nur ein einziges Wort in
einem Satz – wie könnt Ihr das ganze Buch beurteilen?“

Dieses Mal wussten die Leute nicht viel einzuwenden, aber innerlich wussten sie, dass der
Alte Unrecht hatte. Zwölf herrliche Pferde waren gekommen…

Der alte Mann hatte einen einzigen Sohn, der begann die Wildpferde zu trainieren. Schon eine
Woche später fiel er vom Pferd und brach sich die Beine. Wieder versammelten sich die Leu-
te und wieder urteilten sie. Sie sagten: „Wieder hattest Du Recht! Es war ein Unglück. Dein
einziger Sohn kann nun seine Beine nicht mehr gebrauchen und er war die einzige Stütze dei-
nes Alters. Jetzt bist Du ärmer als je zuvor.“

Der Alte antwortete: „Ihr seid besessen vom Urteilen. Geht nicht so weit. Sagt nur, dass mein
Sohn sich die Beine gebrochen hat. Niemand weiß, ob dies ein Unglück oder ein Segen ist.
Das Leben kommt in Fragmenten und mehr bekommt Ihr nie zu sehen.“

Es begab sich, dass das Land nach ein paar Wochen einen Krieg begann. Alle jungen Männer
des Ortes wurden zwangsweise zum Militär eingezogen. Nur der Sohn des alten Mannes blieb
zurück, weil er verkrüppelt war. Der ganze Ort war von Klagen und Wehgeschrei erfüllt, weil
dieser Krieg nicht zu gewinnen war, und man wusste, dass die meisten der jungen Männer
nicht nach Hause zurückkehren würden.

Sie kamen zu dem alten Mann und sagten: „Du hattest Recht, alter Mann – es hat sich als Se-
gen erwiesen. Dein Sohn war zwar verkrüppelt, aber immerhin ist er noch bei dir. Unsere
Söhne sind nun für immer fort.“

Der alte Mann antwortete wieder und sagte: „Ihr hört nicht auf zu urteilen. Niemand weiß!
Sagt nur dies: dass man Eure Söhne in die Armee eingezogen hat und dass mein Sohn nicht
eingezogen wurde. Doch nur Gott, nur das Ganze weiß, ob dies ein Segen oder ein Unglück
ist.“

(Verfasser unbekannt)

Praktisch bedeutet dies für die Entscheidungsfindung, dass wir uns gar nicht falsch oder richtig entscheiden können. Alles ermöglicht etwas, alles verhindert etwas. Statt mit scheinbar falschen Entscheidungen zu hadern, finde die Möglichkeiten heraus, die aus Deiner Wahl entstanden sind. Dies ist uneingeschränkt auch auf Verhaltensweisen anzuwenden, die Du möglicherweise bei dir oder anderen ablehnst. Frage dich nach der positiven Absicht. Was ist der Nutzen? In welchem Kontext ist es förderlich sich genau so zu verhalten? Was ermöglicht Dir diese Verhaltensweise im allgemeinen?

Vergisse bei allem, was Du an Fortbildungen für Dein persönliches Wachstum besuchst, bei jedem Buch, dass Dich ein Stück weiter zu dir selbst finden lässt nicht, dass es einen unschlagbaren Spitzenreiter für die Arbeit an der eigenen Person gibt und das ist das Leben selbst. 24 Stunden. Rund um die Uhr.

Falls Du mal wieder vor einer Entscheidung stehst und abwägst, ob Du dich für A oder B entscheiden sollst, befindest Du dich nach allgemeiner Auffassung in einem Dilemma. Doch damit hast Du noch nicht ansatzweise beschrieben, welche Möglichkeiten es tatsächlich gibt. Es gibt sicherlich das Eine oder das Andere, aber hast Du auch schon mal über Beides nachgedacht? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten beinhalten Deine ursprünglichen Alternativen? Was ist von beidem möglich? Du solltest auch prüfen, ob es überhaupt eine Entscheidung ist, die von Dir getroffen werden muss. Vielleicht ist also auch Keines von Beiden möglich. Und die fünfte Option ist das Neue und die Fragestellung, ob es doch im Endeffekt um etwas ganz anderes geht. Eine Sichtweise, in der Visionen und Träume mit beleuchtet werden, die bis zu diesem Zeitpunkt von Ihnen noch gar nicht Erwägung gezogen worden sind.

Dieses Konzept der fünf Optionen (Das Eine, Das Andere, Beides, Keines von Beides und das Neue) stammt von den Autoren Varga von Kibed / Sparrer und wird im Systemischen NLP als Tetralemma bezeichnet und zielt darauf ab, die eigenen Möglichkeiten in der Entscheidungsfindung durch Perspektivwechsel entscheidend zu erhöhen.

Ob und wie auch immer Du dich entscheiden möchtest, viel wichtiger als die eigentliche Entscheidung ist die Frage, ob Deine Alternativen im Einklang mit Deinen Werten stehen, mit dem was Dir wirklich wichtig ist im Leben. Eine Entscheidung, die in Übereinstimmung mit den eigenen Grundpfeilern des Lebens ist, kann niemals falsch sein. Sie kann schwierig sein und mit Herausforderung sowie Anstrengung verbunden sein. Doch bekannterweise ist der einfachste Weg nicht immer der Beste

Herzlicher Gruß!

Michael Maleschka
-Institutsleiter-